… vor Drei Jahren…
… Bajor…
Auch nach zwei Wochen hatten die Rettungskräfte noch immer alle Hände voll zu tun. Der Erdrutsch in den Bergen der Dahkur Provinz hatte massive Schäden angerichtet und mehrere Dörfer von der Außenwelt abgeschnitten. Die heftigen Regenfälle der letzten Wochen hatte die Hänge aufgeweicht. Als dann noch der Sturm einsetzte, gaben die Bäume im weichen Untergrund nach und ein großer Berghang geriet ins Rutschen. Es dauerte alleine drei Tage bis die ersten Hilfskräfte in die Region vordringen konnten. Schon nach wenigen Stunden war klar, dass die örtliche Regierung mit der Situation überfordert war und Hilfe von der Föderation angefordert wurde. Commander Kelmar gehörte zu den ersten Hilfskräften der Föderation und war über die Zerstörung entsetzt gewesen. Wenn die Wetterbedingungen nur geringfügig anders gewesen wären, hätte man annehmen können das hier eine Explosion stattgefunden hatte. Das war wohl auch der Grund, warum ein hochrangiger Offizier der Sternenflotte sich angekündigt hatte um die Unglückstelle zu besuchen.
Kelmar blickte auf ein Pad mit aktuellen Berichten und bestätigte einige neue Zuteilungen, als ein Knall seine Aufmerksamkeit weckte. Ein kleiner Punkt am Himmel war erschienen und näherte sich mit hoher Geschwindigkeit seiner Position. Kein Frachtshuttle, sondern ein Runabout näherte sich der Landeplattform und begann den Sinkflug. Die Plattform war eigentlich nur für mittlere Shuttles ausgelegt und entsprechend knarrte und ächzte die Konstruktion als das Runabout aufsetzte und die Triebwerke abschaltet. Immer diese Promis, dachte Kelmar und näherte sich der Plattform. Als sich die Tür des Shuttles öffnete, nahm er sofort Haltung an, als ein Vizeadmiral das Shuttle verließ.
„Admiral. Ein so hohen Besuch haben wir nicht erwartet.“ begann Kelmar und versuchte aufzuschließen, da der Admiral ohne Begrüßung an ihm vorbeigegangen war. Er schien sich hier auszukennen, denn der Admiral steuerte nicht das Versorgungszelt an. „Admiral. Kann ich Ihnen helfen?“ versuchte der Commander es erneut, „Ich kann Ihnen…“
Der Admiral hob nur die Hand. Eine Geste, wie sie von Soldaten im Einsatz benutzt wurde um den Kameraden zu zeigen das sie schweigen sollen. Commander Kelmar hielt den Mund. Nach wenigen Minuten wurde der Admiral langsamer und sah sich suchend um. Er stand am Rande einer kleinen Klippe die durch abgerutschtes Erdreich entstanden war.
„Etwa Fünfzig Meter von hier, stand ein Haus. Haben Sie davon etwas gefunden?“ fragte der Admiral.
Commander Kelmar suchte in seinem Pad nach Berichten und wurde fündig. „Ja Sir. Die Trümmer des Hauses wurden etwa dreihundert Meter weiter östlich geortet.“
„Haben Sie sie gefunden?“, murmelte der Admiral mehr zu sich selbst.
Kelmar überflog die Details des Berichtes. Wie konnte der Admiral wissen das sie tatsächlich eine weibliche Person gefunden hatten. Eigentlich wollte er mit einem sachlichen Ja antworten, aber beim Anblick des Admiral blieben ihm die Worte im Hals stecken.
„Bringen Sie mich zu Ihr.“ sagte der Admiral, bewegte sich aber keinen Millimeter, sondern starrte nur über die Zerstörte Landschaft. „Es tut mir Leid.“ murmelte der Admiral nach ein paar Minuten. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, ging er an Commander Kelmar vorbei zurück zur Landeplattform.
Er hatte das Zeitgefühl verloren. Sicherlich waren es nicht mal drei Stunden gewesen, aber dennoch kam es Ihm wie eine Ewigkeit vor. Die Formalitäten für die Überführung waren schon fast Routine. Als Admiral hatte er bereits zu viele dieser Formulare ausgefüllt. Es lief schon fast automatisch. Höflich lächeln, Hände schütteln und sachlich alles weitere klären. Doch dieses mal war es anders. Er kannte Sie persönlich. War ein enger Freund der Familie und doch war er indirekt verantwortlich. Zugegeben, gegen die Natur konnte er nichts tun und dieser Erdrutsch war eine Tragödie ohne gleichen. Aber wäre er nicht gewesen, wäre sie nicht hier gelandet. Er hatte sie von ihrer Familie ferngehalten, weil sie einen Auftrag für Ihn erfüllen sollte.
Sie war sein Informant, Undercover.
Stocker seufzte laut, als er das Kloster verließ und sich dem Runabout näherte um Bajor zu verlassen. Ein Vedek verließ das Runabout und kam auf ihn zu. „Admiral. Wir haben die Habseligkeiten verstaut, auch wenn es nicht viel ist.“ begann der Vedek und mustert Ihn genau. „Sind Sie sicher das dies der letzte Wunsch ist?“
Stocker ließ seinen Blick über das Kloster schweifen. Tat er wirklich das Richtige?
„Um ehrlich zu sein Vedek.“ begann Stocker, „Ich weiß es nicht. Aber ich weiß das Sie nicht sehr religiös war. Ihr lag viel an Bajor und Sie hat die Dahkur Provinz immer als persönlicher Rückzugsort benutzt, wenn Sie zu sich finden wollte.“
Der Vedek nickt und hörte weiter zu, als Stocker nach einer kleinen Pause fortfuhr.
„Ihre Zieheltern leben auf Betazed und ihr Mann auf der Erde. Ich denke das Ihre Familie sich verabschieden und über die letzte Ruhestätte entscheiden sollte.“
„Natürlich.“ sagte der Vedek. „Richten Sie der Familie unser Beileid aus und mögen die Propheten sie begleiten.“
Er nickte dem Vedek kurz zu und wandte sich dem Runabout zu. Ohne sich im Passagierraum zu versichern, das alles vorhanden und gesichert war, ging er ins Cockpit und begann die Startvorbereitungen. Auch das war für ihn Routine und hatte er schon gefühlte tausend Mal gemacht. Triebwerke starten, die bajoranische Flugkontrolle verständigen und langsam in den Orbit aufsteigen. Sollte er die Starbase anfliegen, lieber nach Betazed oder doch zur Erde?
Er war sich nicht sicher. Egal wohin er fliegen würde, am Ziel würde er nur schmerz auslösen.
Und wenn ich es ihm einfach verschwiege? Er dachte eh, das Sie verschollen war und für die Sternenflotte galt sie bereits als verstorben. Er setzte einen Kurs zur Starbase und beschleunigte, als er den Orbit verlassen hatte. Nachdem er den Kurs noch einmal überprüft hatte, stand er auf und verließ das Cockpit. Im Gegensatz zu Kurzstrecken Schuttles waren die Runabouts der Danube Klasse verhältnismäßig Komfortabel. Hinter dem großen Cockpit mit einem kleinen Transporter, war eine großer Bereich mit Schlafkojen und Sanitären Einrichtungen vorhanden. Der ganze Bereich war als Modul gebaut und konnte komplett ersetzt werden. Dahinter folgte ein großer Aufenthaltsraum im Heck des Schiffes mit großen Fenstern die einen angenehmen Ausblick boten. In der Mitte des Raumes stand ein großer Tisch für sechs Personen und ein kleines Sofa an der Rückwand unter den Fenster.
„Computer, schalte das Federation News Network ein“, sagte Stocker als er den Raum durchquerte und sich in einer kleinen Nische einen Tee am Replikator bestellte. Die Nachrichten Sendung, die auf einem großen Monitor erschien, verfolgte er nur halbherzig. Stockers Aufmerksamkeit lag bei den Gegenständen auf dem Tisch. Ein kleiner schwarzer Holzkasten, eine etwas größere Holzkiste die grob von Schlamm befreit worden war und ein größerer Koffer mit Föderationskennzeichnung der noch verplombt war. Er nahm einen Schluck Tee und betrachtete gedankenverloren die kleine Holzkiste. Es dauerte ein paar Sekunden, aber die Stimme der Reporterin auf dem Monitor zog Ihn ins hier und jetzt zurück. Auf dem Bildschirm war eine junge Reporterin zu sehen, keine dreißig Jahre alt, wie sie sich einen Weg durch ein kleines Waldstück bahnte. Die langen blonden Haaren waren wohl mal zu einem strengen Knoten hoch gebunden gewesen, aber der Weg schien anstrengend zu sein, denn einige Strähnen hatten das komplizierte Geflecht bereits wieder verlassen. Ihr stand deutlich der Schweiß auf der Stirn und Ihre Brille, ihr Markenzeichen, saß auch nicht mehr ganz gerade auf der Nase. Dennoch spulte Sie die Nachricht routiniert wie immer ab:
„Ich bin hier auf Bajor. In den Dahkur-Bergen hat sich ein gewaltiger Erdrutsch ereignet, der ein ganzes Dorf und 2 Berghütten verschüttete. Schätzungen zufolge donnerten bis zu vier Millionen Kubikmeter Schlamm und Gestein ins Tal. Augenzeugen berichteten, der Erdrutsch fühlte sich an wie ein Erdbeben. Es sind momentan etwa 200 Rettungskräfte im Einsatz auf der Suche nach den Einwohnern des Bergdorfes K’dhala. Der Sprecher der bajoranischen Sicherheitskräfte teilte uns mit, dass bisher noch keiner der vermissten Bajoraner gefunden wurde. Das metallhaltige Gestein erschwert die Rettungsaktion erheblich, deshalb hat die Föderation weitere Spezialisten entsandt, um die Rettungskräfte vor Ort zu unterstützen. Seit dem Erdrutsch wird weiterhin ein Sternenflotten-Offizier vermisst.“
„Mist.“, murmelte Stocker und stellte die Tasse auf den Tisch ab. „Jetzt muss ich es Ihm wohl doch erzählen.“